Zwei Pernitzer unter Salzburgern
Aufgrund glücklicher Umstände ist dem Paddelclub Pernitz schon vor längerem ein Mitglied aus dem fernen Salzburg zugestoßen. Aufgrund der dort vorherrschenden günstigeren klimatischen und geographischen Gegebenheiten ist der Kajaksport dort weitaus stärker vertreten als im Süden Wiens und so wundert es nicht, dass auch dort Kajakvereine existieren. Zu einem dieser Vereine, dem Salzburger Kajak Club, pflegt Lorenz auch noch sehr gute Kontakte und so kam es, dass sich der Autor dieser Zeilen dem SKC zu seiner ersten Soca-Ausfahrt anschließen durfte.
Los geht’s am späten Nachmittag des 02.07.2020. Nach knapp 5 Stunden Autofahrt bis Kobarid, wird im Halbfinsteren schnell das Zelt aufgebaut nur um punktgenau zum Ende der warmen Küche im Restaurant des Campingplatzes Lazar Platz zu nehmen. Na gut, dann gibt’s halt nur Flüssignahrung. Die erste Nacht im Zelt ist ohnehin leichter, wenn man nicht merkt wie schief der Boden eigentlich ist, auf dem man das geborgte Zelt seiner Freundin aufgestellt hat. Bis um 05:00 Früh erfüllt das Bier vom Vortag seinen Zweck und verschafft einen tiefen Schlaf. Die aufgehende Sonne um 05:00 Früh mit später einsetzendem Regen beenden diesen dann.
Es folgt ein ausgedehntes Frühstück und gegen 10:00 geht es Richtung Srpenica. Die Friedhofstrecke steht auf dem Programm. Unter der Führung von Lorenz, Sigi und Matthias folge ich den Routiniers auf meine erste III+ Strecke. Zum Einfahren gibt es einen breiten Flusslauf, der sich flussabwärts immer weiter verengt und mit einigen Felsblöcken gespickt ist. Die Wasserfarbe ist faszinierend. Noch halten sich die Schwierigkeiten in einem Bereich, indem ich die Landschaft um mich herum genießen kann. Dann kommt eine breite Linkskurve. Unsere Gruppe sammelt sich.
Gerade eben haben sich noch alle verteilt über die ganze Flussbreite in Wellen gespielt und jetzt sind die Boote aufgefädelt wie auf einer Perlenkette. Da kommt was! Mein Gefühl wird bestätigt, als man mir den Verlauf der Einfahrt zur Friedhofstrecke beschreibt. Ich lausche aufmerksam. Trotzdem kann ich mich nicht erinnern mir irgendetwas gemerkt zu haben. Ich präge mir Lorenz Bootsfarbe ein und schalte in den Entenbaby-Modus. Der erste Schwall ist schonmal groß genug, um den lästigen Wassertropfen von der Kameralinse zu waschen. Dahinter warten Stromschnellen soweit das Auge reicht. Wo ist Lorenz? Rechts! Ich folge ihm. In der Ferne taucht ein mächtiger Fels in der Flussmitte auf. Nun zieht die Entenmama wieder nach links. Ich folge erneut. Am Weg nach links sind mehrere kleine Steine nur knapp unter Wasser. Ja nicht dagegen fahren. Ein wenig Adrenalin wird ausgeschüttet als ich schräg durch einen Slalom aus überspülten Steinen vor dem Felsblock nach links ziehe. Am großen Felsen vorbei folgt ein Weißwasserschwall, dann der nächste und, wenn ich mich richtig erinnere, noch einer.
Als ich nach diesem Schleudergang wieder sauber im Kehrwasser liege und auf die Einfahrt zurückblicke hinterlässt der leichte Adrenalinpegel ein wohlig warmes Gefühl zurück. Das kalte Wasser der Soca ist wie ausgeblendet. Die Neugier und Freude über den nächsten Schwall überwiegen. Lorenz, Sigi und Matthias lassen keine Möglichkeit zum Spielen aus. Ich folge ihnen fast überall hinterher. Etwa in der Hälfte der Strecke nimmt die Verblockung dann für einige Meter zu. Am Ende folgt ein lange Gerade an dessen Ende erneut ein großer Felsen liegt, welcher die Spur nach links schiebt. Fasziniert vom großen Felsen halte ich mich mittig und will nach links. Zu früh, wie sich zeigt.
Eine Rutsche ganz rechts, wäre die ideale Linie gewesen. Stattdessen stürzt sich der Neuling inmitten eines Weißwasserdümpels, welcher Wasser von links und rechts auf das Heck meines Saltos schaufelt. Ich hab mich selbst schon Rollen gesehen, als mir der Stützschlag nach links doch noch reflexartig gelingt. Sigi hält den Fahrfehler auf Kamera fest. Immerhin hat es spektakulär ausgesehen. Verwundert davon wie leicht ein Boot dieser Größe doch noch auf Tauchfahrt gebracht werden kann, verbleibe ich die restliche Fahrt wieder vermehrt im Entenbaby-Modus. Am Ausstieg bin ich schwer beeindruckt, gleichermaßen durchgeschwitzt wie gebadet und auch ein wenig stolz auf mich. Wo geht’s am Nachmittag nochmal hin?
Wo gehts am Nachmittag hin?
Zuerst einmal in den Prijon Shop bei Cezsoca, neue Luftsäcke kaufen. Nachdem ich 15 Minuten lang die ersten 2 jugendlichen Verkäufer zur Verzweiflung gebracht hatte tauchte schließlich ein bärtiger Herr auf, der alt genug war, um zu wissen was ein Eskimo Kendo ist und mir den richtigen Luftsack empfehlen konnte. Danach holten wir uns ein kleines Mittagessen in Form eines schallplattengroßen Cheeseburgers und fuhren mit vollen Bäuchen Richtung Kluze, dem Einstieg der Koritnica. Gegen 15:00 trafen wir dort auf den Rest des Salzburger Kajak Clubs.
Nach einem längeren steilen Zustieg, der sich zur Belastungsprobe für Schulter und Obrarm entpuppt, offenbart sich die Koritnica als himmelblaue Schottergrube mit wenig Wasser und einem zweigeteiltem Flussbett mit viel Steinkontakt. Kurz darauf folgt die Einstiegsschlucht. Ich kann fühlen wie die Pulsrate wieder ein wenig anzieht. Ein Kehrwasser vor der Einfahrt auf der linken Seite, bietet die letzte Verschnaufpause. Dann geht es über eine Steinrutsche mit einer Linkskurve in die Schlucht hinein. Rechts ist eine Felswand mit einem schönen Prallpolster. Links wenig Wasser und Steine. Dann geht es gerade weiter. Vor einem Schwall in der Mitte der Schlucht muss links angefahren werden, um einem weiteren Stein auszuweichen. Dann ein bisschen Schwung holen und nach dem Abfall aufpassen, dass man das Boot nicht quer in eine Aushöhlung der Felswand steckt. Wenn man jetzt noch das Boot und vor allem das Paddel ohne Kontakt durch den engen Schacht am Ende befördert läuft alles wie geplant.
Die geplante Linie wird aber wie zu erwarten verfehlt. Die Felswand rechts wirkt aus dem Boot heraus mächtiger als von außen betrachtet und so wird die Anfahrt von mir weiter links gewählt. Als Folge dessen bekommt mein Boot ein Gefühl dafür, wie sich ein nasses Hemd auf einem Waschbrett fühlt. Der Schwall in der Mitte war schon besser, aber auch zu weit links. Der Respekt vorm Stein war auch hier spürbar. Und gegen die Wand bin ich sicherlich auch geschert, ob mit Paddel oder Boot weiß ich nicht mehr. Aber ich war durch. Und heilfroh.
Dann hieß es erst einmal warten. Aufgrund einiger Nachzügler wurde die Weiterfahrt erst mit etwas Verspätung fortgesetzt. In der Zwischenzeit wurde ich überredet die Schlucht ein zweites Mal zu fahren. Wieso nicht? Einmal hab ich es schon geschafft. Kann nur besser werden, oder? Der Ehrgeiz legte einen ungeahnten Kurzauftritt in meinem Kopf hin. Und er wurde belohnt. Diesmal ist die Spur gelungen. Näher an den Felswänden, mittiger im Hauptwasser und mit breiterem Grinser am Ende, parke ich mich ins Kehrwasser. Dann ist die Wartezeit auch schon überbrückt und es geht weiter. Die folgenden Landschaftsbilder lassen eher Gefühle an brasilianische Regenwälder aufkommen, als an die julischen Alpen.
Die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen, sodass die Landschaft mitgenossen werden kann. Eine zweite Schlucht weiter unten erfordert nochmalige Konzentration als sich bei einem großen Felsen die Linie auf zwei Seiten aufteilt. Ich fahre links, so wie der Großteil der Leute vor mir. So schnell wie die Schlucht aufgetaucht ist, verlassen wir sie auch schon wieder und es folgt kurz darauf die Mündung in die Soca. Das Flussbett verengt sich ein letztes Mal und erzeugt wuchtige Schwälle, die man der Koritnica beim Anblick des Einstiegs gar nicht zugetraut hätte. Ich folge Matthias in einer sicheren Linie hindurch und sehe mir die Spielereien vorerst aus der Ferne an.
Der restliche Weg bis zum Ausstieg in Cezsoca verläuft immer ruhiger werdend mit einigen schönen Felsen und Spielstellen. Auf den letzten Metern überholen wir gleich mehrere fremde Paddlergruppen. Die Szenerie erinnert nun wieder entfernt an Wildalpen. Dann baut sich eine Brücke in der Ferne auf. Der Ausstieg ist erreicht. Es folgen die kajaksportspezifischen Routinen in der bereits altbekannten Reihenfolge: Ausbooten, Umziehen, Aufladen, Auspendeln, Aufhängen, Duschen und Essen. Zeitglich werden die Pläne für morgen geschmiedet während man den noch unbekannten Paddlergeschichten fremder Gesichter lauscht. Bei so vielen neuen Eindrücken hätte ich vermutlich keine zusätzliche Flüssignahrung mehr gebraucht, um gut zu schlafen. In welche Richtung war das Zelt nochmal abschüssig?
Euer Paddelclub Pernitz