Wenn nicht nur der Bach rauscht
Ungewöhnlich selten, zumindest im Vergleich zu anderen Paddelgruppen, bereiten wir uns für die anstehende Ausfahrt mit einem Besuch im Spirituosenladen unseres Vertrauens vor. Heute ist eine dieser raren Anlässe. Aufgrund des Datums der heutigen Ausfahrt, lassen wir diese als Gedenkfahrt für unser verstorbenes Mitglied Andreas stattfinden. Damit wollen wir uns einerseits die Möglichkeit geben ihm gemeinsam zu gedenken, andererseits erhoffen wir uns dadurch aber auch insgeheim, dass die Ehrfurcht vor seinem Namen auch ein paar träge Altpaddler wieder ins Boot locken wird.
Die List gelingt. Neben den üblichen Verdächtigen: Eva, Lorenz, Martin, Philipp, Jojo, Fiona, Julian, Fran und Laurin gesellen sich auch Paddler dazu, die man schon länger nicht mehr hautnah im Boot erlebt hat. Nämlich Nicole und Fritz. Unerwartet pünktlich treffen alle kurz nach 11:00 am Parkplatz zur ehemaligen Singerin ein. Der Wasserstand ist für Ende September passabel. Andreas hat sich die Mühe gemacht die Tage zuvor noch etwas nachzuleeren. Bei einem Pegel von 156cm beginnen wir die Fahrt, Tendenz leichtfallend.
Dem guten Wasserstand geschuldet, wird die erste scharfe S-Schikane trotz überwuchernder Uferbewachsung niemandem zum Verhängnis. Alle sind sie rausgekommen, wie sie eingefahren sind. Mit Kopf über Wasser und Paddel in der Hand. Brav! Ob da wohl jemand von oben aufgepasst hat? Unschwer geht es weiter, bis zur berüchtigten Freiheit. Der begrenzten Wassermenge zur Folge wirkt sie zwar gezähmt, aber dennoch in der Lage Boot und Paddler voneinander zu trennen.
Die Linienwahl ist, aufgrund von hervorstechenden Felsen, begrenzt. Klassisch links anfahren, dann rechts halten und vor der Prallwand wieder nach links verschwinden. Laurin und Philipp schauen zu wie Fiona mit Fran im Schlepptau nahezu spielerisch über die Ideallinie schippert. Dann folgen wir. Laurin hält sich vorbildhaft an den Abstand zum Vordermann und folgt meiner Linie. Ein kurzer Dreher in einem Kehrwasser hinter einem Felsen lässt ihn die Einfahrt mit dem Heck voraus bestreiten. Die restlichen Schwälle nimmt er er dann wieder nach vorne orientiert.
Ein Schwimmer bleibt ihm verwehrt. Julian muss nicht eingreifen. Die Altpaddler und jene, die haltungstechnisch gerade daran arbeiten einer zu werden, haben sich inzwischen einen Vorsprung herausgearbeitet. Die Jugend nimmt die Verfolgung auf. Verspielt die aufgeholte Zeit aber dann bei einer ausgedehnten Alpinstartübung beim Hochsteg wieder. Fiona verweigert, noch! Irgendwann ist sie auch dran. Heute gewähren ihr Julian, Fran, Laurin und Philipp noch eine Galgenfrist.
Nächster Halt, Kaiserbrunn. Die einen stehen bereits umgezogen am Ufer. Die anderen kommen gerade erst triefend nass aus dem Wasser. Jetzt gibt es endlich, was die Überschrift bereits suggestiert hat. Bier! Soviel wie das Regal am Vortag hergegeben hat. Und zwar Schneider Weisse, Andi‘s Favorit. Dann wird angestoßen: „Aufn Andi!“, hallt es über die Schotterbank. Es folgt eine ausgedehnte Bierpause und reges Durcheinander. Auch wenn Andreas nicht das dominierende Gesprächsthema ist, so wäre er doch sicher froh zu sehen, wieviel sich heute in seinem Namen hier versammelt haben.
Nach der Pause wird mir auch bewusst, wieso wir normalerwiese auf den Alkohol verzichten oder ihn erst in abgeschwächter Form, in Manifestation eines Radlers, am Ende zu uns nehmen. In meinem Kopf ist das Rauschen stärker als in der Welle unter mir. Vielleicht hätt ich das herrenlose Restl nicht auch noch vernichten sollen. Trotz merklich spürbaren Alkoholeinflusses findet das Boot seinen Weg wie von allein Richtung Rax-Seilbahn. Fast so, als würde der Fluss von selbst bergab rinnen.
Das nächste Highlight kommt in Form eines Tennisballs. Als Paddler ist man ja ohnehin bestrebt naturfremde Dinge aus dem Wasser zu entnehmen. Meistens ist es leider nur Müll. Manchmal sind jedoch auch nützliche Dinge dabei. Zum Beispiel eine volle Bierdose oder eine Baustellenbegrenzung. Ok, viel Verwendung für eine Baustellenbegrenzung haben wir jetzt auch nicht. Aber diesmal, wars eben, neben einer Baustellenbegrenzung, auch ein Tennisball. Über die letzten 3 Kehren entwickelt sich nun eine beherzte Rangelei unter den verblieben sieben Paddler um die Gunst des runden Grüns.
Die Zeit vergeht dabei wie im Flug. Am Ausstieg angekommen, ist der Rausch verflogen. Der Kopf ist wieder so klar, wie die Schwarza die nebenher fließt. Das glasklare Wasser und ein längeres Sonnenfenster laden zu einer ausgedehnten Schaukelei vom Sprungfelsen. Nun ist das Neopren auch garantiert bis auf die Badehose durchnässt. Erst jetzt fällt uns auf. Ist heute eigentlich jemand geschwommen? Nein? Nein! Niemand ist geschwommen. Ob da wohl Andi seine Finger im Spiel hatte?
Euer Paddelclub Pernitz